Was gilt jetzt u.a. bei Dauerschuldverhältnissen, wie Miete?


Von:  BV, GIT, Isabel Birk / 26.03.2020 / 11:15


Die Bundesregierung schafft auch Regelungen im Bereich Insolvenz-, Zivil- und Gesellschaftsrecht.


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Regelungen gibt es in diesen vier Bereichen:
  • Insolvenzrecht
    • Aussetzung von Insolvenzantragspflicht und Einschränkung der Insolvenzanfechtungstatbestände
  • Allgemeines Zivilrecht
    • Kleinstunternehmen und Verbraucher erhalten einen Zahlungs- oder Leistungsaufschub bei bestimmten fortlaufenden Verpflichtungen aus Dauerschuldverhältnissen bis 30. Juni 2020
    • Kündigungsschutz für Mieter
  • Gesellschaftsrecht
    Erleichterung von Beschlüssen durch Verzicht auf physische Präsenz
  • Strafrecht
    Erleichterte Möglichkeit der Unterbrechung von strafgerichtlichen Hauptverhandlungen
1 Insolvenzrecht
Die Insolvenzantragspflicht und die Zahlungsverbote werden (zunächst befristet) bis 30. September 2020 ausgesetzt, es sei denn
  • die Insolvenz beruht nicht auf den Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie oder
  • es besteht keine Aussicht auf die Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit.
Weil der Grund für die Insolvenz natürlich unklar sein kann, wird man gesetzlich vermuten, dass bei einer Zahlungsfähigkeit am 31. Dezember 2019 die spätere Insolvenzreife aus der Pandemie resultiert und annehmen, dass die Aussicht besteht, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Hinzu kommen drei Monate Übergangszeitraum, in dem Gläubiger keine Insolvenzverfahren beantragen können. Beide Maßnahmen können bis 31. März 2021 verlängert werden. Weitere Anreize sollen neue Liquidität zuzuführen und die Geschäftsbeziehungen aufrecht erhalten. Die Gewährung von Zahlungserleichterungen (Verkürzung des Zahlungsziels) sollen einem sog. Anfechtungsschutz unterliegen. Das heißt: Ist ein Liefernder (Malerbetrieb oder Lieferantd nur zur Lieferung bereit, wenn die bisher vereinbarten Zahlungsfristen verkürzt werden, darf ein solche Vertragsanpassung später nicht angefochten (weder Rückzahlung des Empfängers noch Doppelzahlung des Leistenden). Der Hintergrund: Bei Insolvenzreife besteht das Risiko, dass Gläubiger bzw. Vertragspartner erhaltene Leistungen und Zahlungen im späteren Insolvenzverfahren durch Insolvenzanfechtung wieder herausgeben müssen. Um dieses Risiko zu begrenzen, sollen Haftungs- und Anfechtungsrisiken eingegrenzt und die Voraussetzungen geschaffen werden, dass insolvenzgefährdete Unternehmen Sanierungskredite und Zahlungserleichterungen erhalten und die Geschäftsverbindungen nicht abgebrochen werden. 2 Zivilrecht
Verbraucher und Kleinstunternehmen erhalten ein Leistungsverweigerungsrecht, wenn sie Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen aufgrund der Pandemie nicht erfüllen können, die vor 8. März 2020 geschlossen wurden (als noch keine pandemieartige Asubreitung absehbar war). Dies gilt bis zunächst befristet bis 30. Juni 2020. Damit wird gewährleistet, dass Verbraucher und Kleinstunternehmen nicht von Leistungen der Grundversorgung abgeschnitten werden, die sie aber zur Fortführung ihres Betriebs benötigen:
  • Strom
  • Gas
  • Telekommunikation
  • soweit zivilrechtlich geregelt auch Wasserver-/-entsorgung
  • Pflichtversicherungen
Kleinstunternehmen sind (europäische Definition): Unternehmen bis 9 Beschäftigte und bis 2 Mio. Euro Jahresumsatz. Für das Miet- und Darlehensrecht werden gesonderte Regelungen eingeführt. Sie werden nicht vom Leistungsverweigerungsrecht erfasst - auch Arbeitsverträge nicht. Für Mietverhältnisse gilt:
  • Einschränkung des Vermietersrechts zur Kündigung
  • für Wohn- als auch Gewerberaummietverträge
  • Keine Kündigung des Vermieters wegen Mietschulden vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020, wenn die Mietschulden aus der Pandemie resultieren
  • Verpflichtung des Mietes zur Mietzahlung bleibt im Gegenzug grundsätzlich bestehen
Der Ausschluss der Kündigung greift bis zum 30. Juni 2022. Danach kann wegen Zahlungsrückständen, die zwischen 1. April 2020 und 30. Juni 2020 eingetreten und bis 30. Juni 2022 nicht bezahlt wurden wieder gekündigt werden. Mieter/Pächter haben also vom 30. Juni 2020 an über zwei Jahre Zeit, einen (zur Kündigung berechtigenden) Miet- oder Pachtrückstand auszugleichen. 3 Gesellschafts- und Vereinsrecht
Um Unternehmen verschiedener Rechtsformen arbeitsfähig zu erhalten und die nötigen Beschlüsse zu fassen und handlungsfähig zu bleiben, werden (vorübergehend) Erleichterungen für die Durchführung von
  • Gesellschafterversammlungen der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
    • Erleichterungen für die Durchführung von Gesellschafterbeschlüssen der GmbH in Textform eingeführt
    • Abweichend von § 48 Absatz 2 GmbHG ist (vorübergehend) nicht mehr des Einverständnisses sämtlicher Gesellschafter erforderlich
  • Hauptversammlungen der Aktiengesellschaft (AG)
  • Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) und
  • Mitgliederversammlungen von Vereinen geschaffen
    • Es werden (vorübergehend) Erleichterungen ohne entsprechende Satzungsregelungen geschaffen
    • "Virtuelle“ Mitgliederversammlungen sollen ohne ausdrückliche Satzungsermächtigung und die Beschlussfassung außerhalb von Versammlungen im „Umlaufverfahren“ ermöglicht bzw. erleichtert werden

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