• Weiterbildung zum Ingenieur

Jacqueline Kuhn studiert dual Bauingenieurwesen in Frankfurt

Seit November 2016 studiert Jacqueline Kuhn an der Frankfurt University of Applied Sciences duales Bauingenieurswesen – eine arbeitsmarktorientierte Verbindung von Studium und Ausbildung im Handwerksberuf, das von der Innung Rhein-Main initiiert wurde. Ein spannendes Konzept, das akademische wie handwerkliche Fähigkeiten miteinander verbindet. Im Interview erklärt Jacqueline, warum sie das Maler- und Lackiererhandwerk lieben gelernt hat und sie nach dem Studium auch den Bezug zur Baustelle braucht.

Jacqueline, wie kann man sich den Anfang des dualen Studiums vorstellen?

Jaqueline Kuhn: Von November 2016 bis April 2017 durchlief ich zunächst eine reine Praxisphase. Das heißt, ich bin im Betrieb der Ausbildung nachgegangen, habe Malertätigkeiten ausgeführt und wurde an den Beruf „Maler und Lackierer“ herangeführt. Zum Sommersemester 2017 habe ich das Studium dann auch an der Fachhochschule hier in Frankfurt begonnen. Ich habe anfangs nur zwei Tage in der Woche Vorlesungen gehabt; die restlichen drei Tage war ich im Betrieb und habe da die Fähigkeiten und Kompetenzen gelernt, die man als Malerin und Lackiererin im Alltag braucht. Während der Vorlesungszeit hat man nicht nur den akademischen Alltag, sondern auch den Praxisbezug auf der Baustelle.

In welchem Semester bist du jetzt?

Kuhn: Fachlich bin ich im siebten Semester, aber zeitlich eigentlich schon im neunten Semester. Das ist aber auch den ganzen Wettbewerben und meinem Engagement im Maler Nationalteam geschuldet. Im Prinzip ist es so, dass im Dualen Studium die ersten beiden akademischen Semester bedingt durch den hohen Praxisanteil auf vier Semester gestreckt werden. Man studiert mit den anderen „normalen“ Studierenden zusammen, hat aber weniger Module im Semester, die man abschließen muss. Mit Abschluss der Gesellenprüfung im Maler- und Lackiererhandwerk ist es so, dass man dann ins Vollzeitstudium übergeht und damit ist der Praxisteil des Ausbildungsberufs erstmal abgeschlossen. Man kann natürlich – und das machen eigentlich auch alle meine Kommilitonen – in den Semesterferien weiterhin im Betrieb arbeiten und dann in den Vorlesungszeiten Vollzeit studieren.

Wie viele Mitstreiter hast du derzeit im Studium?

Kuhn: Das kann ich gerade nicht genau sagen. Aber bei mir in der Firma sind es beispielsweise zwei angehende Bauingenieure, die im Dualen Studium die Maler- und Lackiererausbildung vorgeschaltet haben. Generell kann man sagen, dass die Berufsschule im Dualen Studium komplett wegfällt. Man muss sich allerdings die Theorie weiterhin aneignen. Man schreibt die Gesellenprüfung wie jeder andere auch. Da sind wir nicht ausgenommen. Wir hatten dann alle sechs Wochen samstagvormittags die Möglichkeit, in der Berufsschule zusammen mit einem Lehrer und einer kleinen Gruppe dualer Studenten den Stoff quasi im Crashkurs durchzupauken.

Ist das nicht anstrengend, wenn man neben der Arbeit das Studium bewältigen muss?

Kuhn: Also im ersten Semester ist natürlich so, wenn die ersten Einführungsveranstaltungen stattfinden, das man sich sagen muss: „Nein da gehe ich jetzt doch nicht hin, ich muss morgen wieder um 5 Uhr aufstehen“. Das eigentliche Pensum des Studiums in den ersten vier Semestern eigentlich gut machbar, weil man eben nicht so viele Fächer hat. Ich bin meinem Betrieb auch sehr dankbar, dass ich in der vorlesungsfreien Zeit ein paar Tage die Gelegenheit hatte, mich für die anstehenden Prüfungen an der Fachhochschule vorzubereiten. Es macht wirklich sehr viel Spaß. Die Abwechslung zwischen Theorie und der praktischen Arbeit auf der Baustelle ist wirklich toll. Kurz vor der Zwischen- bzw. Gesellenprüfung ist es natürlich stressiger. Hierfür muss man sich einfach auf den Hosenboden setzen und lernen. Ansonsten geht das relativ gut.

Inwiefern interagiert das Studium Bauingenieurswesen mit der Ausbildung zum Maler und Lackierer?

Kuhn: Zuallererst muss man sagen, dass das Studium, wie es hier an der Fachhochschule stattfindet, ohnehin praxisorientierter ist, als an einer Technischen Universität. Natürlich ist es für einen Ingenieur wichtig zu wissen, wie eine Baustelle funktioniert: Woran muss man denken, auch hinführend zur Bauleitung? Wie hängt alles miteinander zusammen? Wie funktioniert was? Durch meine Ausbildung konnte ich diesbezüglich bereits einige Erfahrungen sammeln. Ein weiterer Vorteil der Praxiserfahrungen ist, dass man den im Studium beinhalteten Stoff teils viel besser versteht und ein größeres Verständnis für div. theoretisch besprochenen Abläufe hat.

Würdest du das Studium weiterempfehlen?

Kuhn: Ja klar, sonst hätte ich das Studium schon längst abgebrochen. Ich finde das Konzept sehr spannend. Vor allem, weil es nicht das klassische Modell des Dualen Studiums, drei Monate Studium, drei Monate Arbeit, ist, sondern sich unter der Woche etwas verteilt. Das bricht das Ganze nochmal auf und sorgt für Abwechslung. Der Wechsel von Baustelle und Studium ist teilweise schon hart – besonders an das frühe Aufstehen muss man sich gewöhnen. Auf der Baustelle ist man körperlich aktiv, während man im Hörsaal „nur“ sitzt und lernt. Auch das ist eine Umstellung, an die man sich erstmal gewöhnen muss. Aber dafür ist es sehr abwechslungsreich. Ansonsten finde ich, dass das Duale Studium einem sehr viel bringt. Schon deswegen, weil man Dinge praktisch sieht. So kann man das ein oder andere aus dem Studium direkt auf der Baustelle anwenden oder nochmal nachvollziehen.

Weißt du schon, was du nach dem Bachelor machen möchtest? Hast du dir da schon Gedanken gemacht?

Kuhn: Anfangs wollte ich in die Statik – also in die konstruktive Richtung – gehen. Inzwischen bin ich aber eher Richtung Bauleitung unterwegs.  Ich habe unser Handwerk schätzen und lieben gelernt und möchte auch gerne in dem Bereich bleiben. Ich kann mir auch nicht vorstellen, den ganzen Tag nur am PC zu sitzen. Ich brauche den Bezug zur Baustelle. Das ist mir einfach für meine spätere Arbeit wichtig.

Jacqueline, vielen Dank für das Gespräch.

Redaktioneller Hinweis: Weitere Informationen zum dualen Studium, das für alle Maler- und Lackierinnungen offen steht, finden Interessenten unter → folgendem Link.

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